04 Tradition und Zukunft: Technokratie statt Utopie

04 Tradition und Zukunft: Technokratie statt Utopie

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04 Tradition und Zukunft: Technokratie statt Utopie

Technokratie ist die Besonderheit des politischen Stils der Bundesrepublik. Von Anfang an war der Staat ohne „geistige Schatten“ von Pragmatismus geprägt. Verantwortung und Sachverstand anstatt Gesinnung und Ideologie haben Handlungsfähigkeit geschaffen und schädliche „Visionen“ verhindert. Technik und Wohlstand bestimmen die Gesellschaft und machen eine normative Grundlage durch eine Staatsidee oder mythischen Volksgemeinschaft überflüssig.

Bei der Technokratie geht es darum, wie politische Gestaltung im gesellschaftlichen Pluralismus organisierter Interessen ohne staatlichen Zwang von oben möglich ist. Technokratie bedeutet dabei keine Diktatur des Sachzwanges und Entpolitisierung. Die Eurokritiker beispielsweise stellen nicht den Zwang wirtschaftswissenschaftlicher Logik über die Demokratie, sondern setzen ihren Sachverstand im demokratischen Prozess, Ämter zu erringen, durch. Technokratie ist sogar dasjenige, was Deutschland über alle Parteigrenzen hinweg auszeichnet. Die Absage an Visionen oder politischen Heilsversprechen bringt Deutschland voran und kann als Liberal-Konservativismus bezeichnet werden. Der Euro ist mittlerweile das Zeichen für größte politische Illusionen. Es ist wichtig, dass sich Deutschland wieder auf die Grundlagen seiner Gesellschaftsordnung besinnt. Die politische Orientierungslosigkeit und inhaltlichen Anbiederungen an alle Lager ist eine Gefahr.

Am Ende ist sogar der Bürger politisch orientierungslos geworden und fällt auf die neue Rechte rein. In einer Demokratie ist die Politik verpflichtet den gesunden Menschenverstand zu wahren, um Probleme auch zur Sprache kommen zu lassen. Ansonsten verliert das Gemeinwesen die Fähigkeit zu rationalen Entscheidungen und Handlungen.

Eine freiheitliche Ordnung räumt den verschiedenen Interessen Mitspracherechte ein. Vereine, Kirchen, Presse oder Gewerkschaften müssen unabhängige Anwälte dieser Interessen werden können. Die Interessen werden zum Wohle aller über den Marktmechanismus und funktionierende Institutionen ausgeglichen und sollten nicht von Staatszwecken bzw. EU-Zielen vereinnahmt werden. Ideologische Vorrangstellungen in einem vermeintlich höheren Gemeinschaftsinteresse schaden der Wirtschaft und dem zivilisatorischen Fortschritt. Wirtschaft ist nicht das Mittel zum Zweck staatlicher Planung. Ansonsten müssten im Konfliktfall die wirtschaftliche Entfaltung oder jene organisierten Interessen zurücktreten und damit würde die Freiheit eingeschränkt werden.

Pragmatische Planung statt ideologischer Planwirtschaft

Der Mensch ist in verschiedenen Rollen an vielen Planungspraxen beteiligt – wie im Beruf oder als Kunde beispielsweise. Planung betrifft den einzelnen Menschen heute somit nur partiell. Das ist ein liberalisierender Faktor. In Anmaßung einer Ideologien würde der Mensch einem Menschenbild untergeordnet und zum bevormundeten Objekt einer umfassenden Planung. Doch ein Staat darf nicht alles einem unterstellten Gemeinschaftsinteresse oder einem höheren „geschichtlichen“ Sinn unterordnen. Insofern bestimmt die Pragmatik konkreter Handlungszusammenhänge die Anforderung und keine Utopie wirft mehr alle Menschen in einen Topf. Zahlreiche Planungspraxen stehen in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung miteinander in Konkurrenz. Wie weitreichend eine Planung ist, ist eine Frage wissenschaftlicher Prognostik, technischer Machbarkeit und letztlich subjektiver Bedürfnisse. Durch den gesellschaftlichen Pluralismus kommen darin verschiedene Interessen und Bedürfnisse zum Ausdruck. Alle haben eine andere Perspektive auf die Sachlage. Die Auseinandersetzung um die angemessene Sichtweise wird zum Prozess der Politisierung. Deshalb ist die Technokratie keine Diktatur des Sachzwanges und gleichzeitig einer ideologischen Herrschaft entzogen. Die Sachlage entscheidet, doch die Subjektivität von Individuen in ihren Interessen ist unhintergehbar. Die Evidenz des Sachzwangs ergibt sich aus der Perspektive. Im Widerstreit der Planungsoptionen wir die politische Dimension der Technokratie entfaltet. Einzelne Pläne müssen in Stellung gebracht und gefördert werden. Das ist Politik und keine technokratische Entpolitisierung. Liberal-Konservativismus nimmt die Technokratie ernst. Bei der pragmatischen Planung in einer Technokratie ist die gesamte Gesellschaft beteiligt und sie bleibt keine Sache von Intellektuellen, Politfunktionären oder anderen Experten, auch wenn die moderne Gesellschaft vermehrt auf ihren Sachverstand angewiesen ist.